2023: 50 Jahre "Buchladen" im Nauwieser Viertel
Vorläufer des Buchladens war ein Mensa-Büchertisch an der Uni in Saarbrücken.
Er ist ab 1971 Mitglied im 1970 gegründeten Verband linker Buchhändler.
Am ersten Oktober 1973 öffnet der politische Buchladen Gbr (Gesellschafter: Erlend Beth und Ralf Paul) in der
Dudweilerstraße 69. Die 68er-Studenten-Revolten waren vorbei, doch die Ideen der Friedens-, Frauen-
, Anti-Volkszählungs- und Anti-Atomkraftwerks-Bewegungen schwemmten in die Stadt und ins Viertel.
Der Buchladen brachte keine großen Gewinne und das sollte auch nicht sein. Ähnliche Ideen
finden wir bei den Anfängen des Fahradladens oder
dem Café Jonas.
Das Logo des Buchladens ist ein Plagiat der Zeichnung des italienischen Comiczeichners Roberto Ambrosoli (1942-2020).
Im Original steht darauf "Anarchia Si", die Figur hat ein "A" auf der Brust und in der Hand trägt sie eine Bombe.
Der Text und das "A" wurden gestrichen und nun sind es Bücher, die das Männlein trägt.
Man verkaufte nicht nur Bücher sondern sah sich auch als Diskussions- und Kommunikationszentrum.
Politische Bewegungen sollten unterstützt werden und gleichzeitig brauchte man Geld für den
Lebensunterhalt.
Viel verdient haben sie nicht, doch in Konkurs sind sie auch nicht gegangen. Und so zogen sie 1977 in die Johannisstraße 3.
Dort war mehr Platz, das Sortiment wurde erweitert und die Miete war auch noch in Ordnung. Das "politischer" wurde aus dem Namen gestrichen.
Ralf Paul wechselte in den Schuldienst und neue Namen kamen ins Team: Marika Klein, Anette Mantwill, Frank Peters,
Paul Philippi. Doch dann wurde es ernst. Das Haus in der Johannisstraße wurde verkauft und der neue Vermieter
wollte eine deutlich höhere Miete als zuvor.
Die finanzielle Situation war damals sehr schwer. Ähnliches finden wir
bei anderen Unternehmen im Raum Nauwieser Viertel, die wie der Buchladen kaum
kapitalistisch ausgerichtet waren und ähnlich wie der Buchladen bekamen auch sie Darlehen
von Vereinen wie dem Netzwerk Saar e.V. Schließlich fand der Buchladen eine Bleibe in der Försterstraße.
In der Johannisstraße 3 finden wir danach: die Buchhandlung Hofstätter,die Galerie Neuheisel und dann Möbel Nawo.
Seit 1981/82 findet man den Buchladen also in der Försterstraße
14 ( gegenüber ist das Haus Nr. 15. An diesem hängte eine Gedenktafel zu Max Ophüls) und die Rechtsform des Buchladens ist nun die GmbH.
Nach dem Umzug in diese schlechtere Lage folgte ein Umsatzeinbruch.
Für weitere Forschungen, auch zu anderen Geschichten des Viertels, wurde per Mail Anfang Oktober 2023 Kontakt zu Anette Mantwill und Frank Peters aufgenommen. So war Anette Mantwill schon früh in den 80ern als Beirat aktiv im Netzwerk Selbsthilfe Saar e.V. Sobald Antworten eingehen, wird hier berichtet. Sb 17.10.23
Dudweilerstraße 69
(blauer Punkt links auf schwarzer Linie gegenüber Bitburger Residenz),
Johannisstraße 3 (rechts neben der Johanniskirche),
Försterstraße 14 (neben Tunnel zum Hinterhof)
Süden: Stephanstraße/Großherzog-Friedrich-Straße
Westen: Dudweiler Straße
Norden: Bahnstrecke zwischen Dudweiler Straße und Martin-Luther-Straße
Osten: Egon-Reinert-Straße